Kleinbauern und Agrargenossen

Kleinbauern und Agrargenossen

Schon seit Jahren zieht die Bundesregierung eine ausgesprochen positive Bilanz, wenn es um die Landwirtschaft in Ostdeutschland geht. Die Entwicklung auf dem Land zähle zu den Erfolgsgeschichten der Wiedervereinigung. Seit 1990 sei die Produktivität stetig gestiegen, es gebe eine deutliche Zunahme der landwirtschaftlichen Leistungen. Auch auf den Zukunftsmärkten für nachwachsende Rohstoffe oder ökologisch erzeugte Lebensmittel besetzen die neuen Bundesländer Spitzenpositionen. Das klingt gut - und hat viel zu tun mit der Geschichte der ostdeutschen Bauern: mit der Bodenreform, der Kollektivierung, den agrarindustriellen Entwicklungen in der DDR und mit der Wiedervereinigung. Die großen Genossenschaften bestimmen bis heute das Bild der ostdeutschen Landwirtschaft.

Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurden auf Geheiß der sowjetischen Besatzer alle Großgrundbesitzer enteignet, die mehr als 100 Hektar Ackerfläche besaßen. Verteilt wurde das Land überwiegend an "Neubauern", an Landarbeiter und Flüchtlinge. Wenige Jahre später, in den 1950er-Jahren, forcierte man in der jungen DDR die Kollektivierung der Landwirtschaft nach sowjetischem Vorbild. Seitdem bestimmten LPGen und VEGs, in denen die Ackerflächen gemeinschaftlich bewirtschaftet wurden, die ostdeutsche Landwirtschaft. Im Unterschied zu den volkseigenen DDR-Industriebetrieben blieben Grund und Boden jedoch in den Händen der einstigen Einzelbauern.

Mit der Wiedervereinigung hatten die Bauern dank der sogenannten Landwirtschaftsanpassungsgesetze die Wahl: Entweder als Einzelbauern neu zu starten oder sich gemeinsam in einer Agrargenossenschaft zu organisieren. Heute prägen große, wirtschaftlich erfolgreiche, umweltverträglich arbeitende Betriebe den Agrarbereich im Osten Deutschlands. Die Landwirtschaft in den neuen Bundesländern ist heute der einzige Wirtschaftssektor, der bessere Ergebnisse erzielt als in den alten Bundesländern.

Doch diese Erfolgsstory hat auch ihre Schattenseiten. So fielen mehr als Dreiviertel aller Arbeitsplätze in der ostdeutschen Landwirtschaft seit 1990 weg, mancherorts verfallen Dörfer, der Druck auf die Bauern steigt bei fallenden Marktpreisen für Milch, Vieh und Getreide. Gleichzeitig bemächtigen sich Großinvestoren immer größerer Flächen für gigantische Agraranlagen oder sie spekulieren mit Grund und Boden. Zunehmend prägen auch Monokulturen zur Bioenergiegewinnung die Landschaften in den neuen Bundesländern.

Die Dokumentation erzählt die Geschichte der ostdeutschen Landwirtschaft aus der Sicht ihrer Akteure. Was war wichtig im Leben der Bauern? Was hat sie geprägt, welchen Herausforderungen, Wendepunkten, entscheidenden Konflikten und Problemen mussten sie sich stellen? Was hat ihr Leben bereichert, schöner oder schwieriger gemacht vor dem Hintergrund des zeitgeschichtlichen Wandels und gesellschaftlicher Umbrüche auf dem Lande?

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