jung.radikal

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Das Wort 'Nutztier' ist Aleksandra zuwider, sie verzichtet auf jegliche tierische Produkte. Dabei schränkt sie sich nicht nur selbst ein, sie kämpft auch für ihre Idee: Als Kuh bemalt protestiert die Studentin gegen Milchvieh-Haltung, ihre Botschaften schreibt sie mit bunter Kreide auf die Pflastersteine der Frankfurter Innenstadt. "Den Tieren ist nicht geholfen, wenn ich zu anderen Menschen sage: 'Ihr Mörder, Ihr tötet Tiere für Euer Essen". Wenn jemand wütend auf mich zu gerannt kommt, blockiere ich auch." Radikal in den Zielen, fröhlich in der Umsetzung - das ist ihr wichtig. Aleksandra kommt kaum noch zu etwas anderem. Sie hat Freunde verloren und vernachlässigt ihr Studium. Barbusig, mit einer Protestschrift auf dem Körper war sie in der Bildzeitung zu sehen. Die Familie war geschockt - doch heute hat sie auch ihre Mutter dazu gebracht, vegan zu kochen.

"Ich hab ja keine Frau, Kind, Haus, und weil ich das nicht habe, agiere ich vielleicht auch anders als andere Leute", sagt Oliver. Er hat sich mit den Amerikanern angelegt. "NSA in da house" hat er nachts auf die Fassade der amerikanischen Botschaft in Berlin projiziert, um gegen die Überwachung durch den amerikanischen Geheimdienst zu protestieren. Innerhalb von Minuten rückt die Polizei an - und kann ihm nichts anhaben. Eine Lichtprojektion ist noch nicht mal Sachbeschädigung. Trotzdem: Die NSA herauszufordern, ist nicht ohne Risiko. Das nimmt Oliver in Kauf: "Ich würde für so eine Aktion auch für 30, 60 Jahre in den Bau gehen. Wenn ich in einem Land lebe, wo ich die Wahrheit nicht auf ein Gebäude projizieren kann, dann kann ich auch im Bau sitzen."

Christopher hat es nur mit der bergischen Kleinstadt Overath zu tun. Statt langweiligem Rasen will er auf einer öffentlichen Grünfläche einen Selbstversorger-Garten, nachhaltig und ökologisch. 'Essbare Stadt' nennt er das. Im Garten seiner Eltern hat er das schon umgesetzt, mit Sanftmut und Beharrlichkeit. Die machen sich Sorgen: Ihr Sohn hat fünf Jahre nach dem Abitur noch keine Ausbildung, gräbt stattdessen den Rasen um, meditiert und läuft viel barfuß - wovon soll er mal leben? "Ich glaube meine Eltern und viele Leute, die konventionell leben, finden das, was ich manche, ziemlich radikal. Weil es eine radikale Lebensveränderung ist." Für Christopher ist diese Lebensveränderung keine Privatangelegenheit: "Die Welt hat ein Verfallsdatum, wir können nicht so weiter machen." Christopher will umsteuern - und fängt im Kleinen an.

Das weitverbreitete Klischee über Jugendliche, sie hingen nur vor dem Computer ab und seien unpolitisch stimmt natürlich nicht. "37°" hat sich auf die Suche gemacht nach jungen Menschen, die im besten Sinn radikal sind: einsatzbereit, kompromisslos und mit einer Menge Durchhaltevermögen. Drei Beispiele, die zeigen: Es gibt sie weiterhin, junge Menschen, die für ihre Ideen kämpfen. Mit Phantasie, trickreich und ziemlich vergnügt.

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