Hüter meines Bruders

Hüter meines Bruders

Gregor (32) ist glücklich verheiratet und ein erfolgreicher Arzt - freundlich, ehrgeizig und professionell distanziert. Er hat anscheinend seinen Platz im Leben gefunden und übernimmt Verantwortung. Auch für seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Pietschi. Pietschi, der spontan und ziellos durchs Leben mäandert, andere so leicht in seinen Bann ziehen, aber nicht halten kann. Pietschi, der kein geregeltes Einkommen und keine längere Beziehung vorzuweisen hat.

Wie in jedem Jahr gehen die Brüder an Pfingsten segeln. Für Gregor fühlt sich alles wie immer an. Bis Pietschi spurlos verschwindet. Gregors normales Leben geht weiter. Die Irritation bleibt. Gregor hinterlässt Pietschi Nachrichten - keine Reaktion.

Der Zufall spielt ihm seinen Wohnungsschlüssel in die Hand. Er kontaktiert alte Freunde und Verwandte, fragt nach Pietschi, ohne damit herauszurücken, was ihn wirklich umtreibt. Und während Gregor immer mehr erkennen muss, wie wenig er von seinem Bruder weiß, übt dessen Leben eine immer stärker werdende Faszination auf ihn aus.

Indizien lassen Gregor ahnen, dass Pietschi für immer verschwunden sein könnte. Seine Suche weicht einer tiefen Sehnsucht, aus der ganz allmählich eine Metamorphose entsteht. Gregor beginnt, mehr und mehr Zeit in Pietschis Wohnung zu verbringen und spürt immer zwanghafter dem verklingenden Echo seines Bruders nach. Dabei vernachlässigt er sein eigenes Leben. Er wird ungenau in seiner Arbeit, er entfremdet sich seiner Frau, er belügt seine Umgebung und sich selbst. Dafür liest er Pietschis Post, trägt Pietschis Kleidung und schläft mit Jule - Pietschies Ex.

Im verblassenden Schatten von Pietschi erlebt Gregor jenen Teil seiner eigenen Persönlichkeit, der in seinem Leben als Arzt und Ehemann keinen Platz mehr fand. Bis er schließlich begreift, dass er sich selbst vielleicht noch fremder ist als Pietschi.

Bewertung

0,0   0 Stimmen