Hillary hautnah

Hillary hautnah

Gäbe es einen Oscar für Durchhaltevermögen, so ginge er sicher an Hillary Rodham Clinton. Im November 2016 will die Gattin des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton zum zweiten Mal nach dem höchsten Amt greifen. Doch um ganz nach oben zu kommen, muss sie die Amerikaner endlich davon überzeugen, dass sie nicht die kalte, berechnende Karrieristin ist, als die sie gerne dargestellt wird, sondern die volksnahe Kämpferin mit Herz, die nur das Beste für ihr Land will.
Bleibt die Frage, woher ihr schlechtes Image überhaupt kommt. Der französische Satiriker Karl Zéro, der bereits erfolgreich George W. Bush, Castro, Putin und Kim Jong Un zum Sprechen gebracht hat, wollte es wissen und gibt in der neuen Folge seiner "Hautnah"-Biografien nun also Hillary das Wort. Und die nimmt kein Blatt vor den Mund. Unverblümt plaudert sie über ihre rebellische Hippie-Zeit an der Yale University, wo sie sich von einem gewissen William Jefferson Clinton verführen ließ, um seine zahlreichen Schwächen dann lange schweigend ertragen zu müssen.
Gut zwei Jahrzehnte lang - während seiner Gouverneurszeit in Arkansas und dann zwei Amtszeiten lang im Weißen Haus - habe sie ihre Wut im Zaum gehalten und auch angesichts seiner sexuellen Eskapaden nie mit der Wimper gezuckt. Schlimmer noch: Nachdem sie einsah, dass ihr "armer Bill" kein geborener Staatsmann war, wartete sie geduldig ab, bis sie selbst an der Reihe war. Und an ihrer Eignung gebe es schließlich keinen Zweifel. Doch kann ein so machohaftes Land wie die USA, das noch immer Chuck Norris verehrt, überhaupt von einer Frau geführt werden?

Bei den Präsidentschaftswahlen im November 2016 kann Hillary Clinton nun noch einmal zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt ist. Nachdem sie 2007 von Obama im Vorwahlkampf der Demokraten ausgebootet wurde, obwohl sie laut Umfragen als alleinige Nachfolgerin von George W. Bush infrage kam, will sie sich nun endlich so präsentieren, wie sie ist: als 68-jährige Frau, die zu ihrem Alter und zu ihrer Weiblichkeit steht. Und die sich in einer ausschließlich männlichen Politiklandschaft bisher gar nicht schlecht behauptet hat - schließlich war sie bereits Senatorin von New York und US-Außenministerin. Doch Hillary ist trotz ihres Engagements für Familien und die Benachteiligten der Gesellschaft eben auch die Kandidatin von Wall Street und Establishment. Sie verkörpert die amerikanische Elite, die heute nicht mehr so groß in Mode ist ... Wird sie den Spagat schaffen? Wird sie die Gunst der Amerikaner gewinnen? Eins ist klar: Hillary lässt noch lange nicht locker.
Satire, Analyse, Enthüllung? Spitzfindig schlüpfen die Autoren in die Haut der ehemaligen First Lady und verwirren die Perspektiven. Es ist am Zuschauer, die Archivaufnahmen zu interpretieren und Wahrheit und Inszenierung voneinander zu unterscheiden.

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