Hauptsache billig? - Das System Discounter

Hauptsache billig? - Das System Discounter

Wenig Personal, viele Überstunden, Arbeit am Limit - mit fatalen Folgen. Mitarbeiter von Discountern klagen über Gesundheitsprobleme und Dauerstress am Arbeitsplatz. 42 Prozent des Umsatzes im deutschen Lebensmitteleinzelhandel erzielen Lidl, Netto und Co., mehr als in jedem anderen europäischen Land. Die niedrigen Preise sorgen für geringe Gewinnspannen. Um Gewinn zu machen, wird oftmals auf Kosten des Personals gespart. "ZDFzoom" schaut in der Reportage hinter die Kulissen von Lidl, Netto und Norma. Welches Geschäftsprinzip macht Discounter so erfolgreich und was bedeutet das für den Arbeitsalltag von Tausenden Angestellten in der Branche? Autor Norman Laryea trifft ehemalige und aktive Mitarbeiter verschiedener Discounter. Ein Lidl-Mitarbeiter berichtet von 14-Stunden-Tagen und davon, wie die Zeiterfassung umgangen würde. Ein Netto-Filialleiter beschreibt die hohe körperliche und psychische Belastung, der er und seine Mitarbeiter ausgesetzt seien. "Es gibt einige, die sind in psychologischer Behandlung. Die Kollegen brechen dann irgendwann zusammen. Die Knochen tun weh, dann tun dir die Gelenke weh, es tut alles weh. Dann musst Du schon sagen: 'ich muss mich rausziehen, sonst bleibe ich auf der Strecke'." Studien zufolge sind Muskel-Skelett-Erkrankungen die häufigste Krankheitsursache im Einzelhandel; sie verursachen jeden vierten Fehltag. Lidl und Netto weisen alle Vorwürfe zurück. Lidl schreibt, nicht erfasste Arbeitszeit widerspreche den Unternehmensgrundsätzen. Netto antwortet, die Gesundheit und der Schutz der Mitarbeiter am Arbeitsplatz hätten höchste Priorität, man halte sich selbstverständlich an alle gesetzlichen Vorgaben. Kann die Arbeit im Einzelhandel wirklich krank machen? "ZDFzoom" startet ein Experiment: In einem kleinen Supermarkt tritt eine ehemalige Verkäuferin zum Belastungstest an. Dafür wird ihr Körper mit speziellen Sensoren verkabelt, die unter anderem die Körperhaltung analysieren und die Belastung der Gelenke am Computer darstellen. Begleitet wird das Experiment von Arbeitswissenschaftler André Klußmann. Sein Ergebnis: Bei 100 bis 200 verräumten Kartons landet die Verkäuferin im gelben Risikobereich. Die Skala der möglichen langfristigen Folgen reicht von Schulterschmerzen bis hin zu Verschleißerkrankungen der Knie. Offensichtlich gibt es nicht nur Mängel bei den Arbeitsbedingungen. Mit einem früheren Lebensmittelkontrolleur inspiziert "ZDFzoom" Filialen von Netto, Norma und Lidl: Wie steht es um Sauberkeit und Hygiene? Bei einer Norma-Filiale ist die Mängelliste des Kontrolleurs Franz Josef Voll lang: Mäusekot und Schmutz an der Kühltheke, Ungeziefer in der Brotstation. Das Fazit des ehemaligen Lebensmittelkontrolleurs ist eindeutig: Wäre er noch im Dienst, hätte er die Filiale geschlossen. Auf Anfrage räumt Norma den Mäusebefall ein und gibt an, das Problem durch einen professionellen Schädlingsbekämpfer beseitigt zu haben. Mehr unter www.zoom.zdf.de

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