Grenzgang

Grenzgang

Wieder einmal wird der 'Grenzgang' gefeiert, so wie alle sieben Jahre im oberhessischen Bergenstadt. Richtig turbulent geht es auf diesem Volksfest zu, wenn aus alter Tradition die Gemeindegrenzen bekräftigt werden und alles Kopf steht. Zu diesem Anlass verlässt Thomas Weidmann (Lars Eidinger) seine Freundin und flieht wegen seiner verpatzten Uni-Karriere aus der Großstadt Berlin zurück in sein Heimatdorf. Auf dem Fest begegnet er Kerstin Werner (Claudia Michelsen), deren Leben auch gerade aus den Fugen geraten ist - ihre Ehe ist zerbrochen und ihr Mann Jürgen (Harald Schrott) auf dem Absprung zu einer anderen, jüngeren Frau. Frisch getrennt, teilen Thomas und Kerstin einen kurzen, aber intensiven Augenblick der Nähe. Erst sieben Jahre später sehen sich die beiden wieder. Inzwischen hat sich die Aussicht auf eine vielversprechende Zukunft längst in das Gegenteil ihrer erträumten Lebensentwürfe gekehrt: Kerstins Vorstellungen von einst haben sich nicht erfüllt, als sie vor 21 Jahren der Liebe wegen aufs Land gezogen war. Mittlerweile geschieden, hält Kerstin mit hart erkämpfter, doch leicht ramponierter Würde an ihrem Leben in Bergenstadt fest - zusammen mit ihrer demenzkranken Mutter Liese (Gertrud Roll) und ihrem pubertätsgeschüttelten 16-jährigen Sohn Daniel (Sandro Lohmann). Die allein erziehende Mutter leidet unter dem schwierigen Verhältnis zu ihrem Sohn, der sich seit der Trennung seiner Eltern immer mehr von ihr zurückgezogen hat und kaum noch mit ihr spricht. Dazu lässt die Rundumbetreuung ihrer Mutter Kerstin kaum Luft und Zeit zum Atmen ... Thomas ergeht es auch nicht viel besser. Als gescheiterter Historiker fühlt er sich in Bergenstadt wie ein gestrandeter Heimkehrer, der sich langsam, aber beständig in das lebende Klischee eines allein stehenden Studienrates verwandelt. Doch sein Rektor Granitzny (Hanns Zischler), der ihm wie ein väterlicher Freund ist, glaubt an ihn und bietet ihm mehrfach die Stelle des stellvertretenden Schulleiters an. Aber Thomas lehnt dieses wohlwollende Angebot ab. Er begnügt sich damit, weiterhin Klassenlehrer zu bleiben - ausgerechnet von Daniel, Kerstins Sohn. Als der Junge in der Schule Probleme bekommt, sucht Thomas das Gespräch mit dessen Mutter ... Kurz vor dem nächsten 'Grenzgang'-Fest kommen sich Kerstin und Thomas abermals näher - auf Umwegen und sehr zögerlich, denn die beiden Mittvierziger tun sich schwer mit ihren zerplatzten privaten und beruflichen Träumen. Doch dieses Mal wollen sie ihre zweite Chance nicht vertun. Nicht mehr ganz jung, doch längst noch nicht zu alt, beginnen sie, ihr Leben neu zu ordnen und ihm eine andere Richtung zu geben. Mit dem Tod ihrer Mutter ist Kerstin endlich bereit, sich wieder zu öffnen. Und auch ihr Sohn Daniel ist soweit, wieder auf seine Mutter zuzugehen. Vor der Kulisse dieses jahrhundertealten Volksfestes, zwischen den Eckpfeilern dörflicher Traditionen, wirft die Regisseurin Brigitte Maria Bertele Schlaglichter auf das schleichende Scheitern zweier desillusionierter Singles in der Provinz auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück.

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