Fassbinder

Fassbinder

DokumentarfilmDeutschland  

Kein deutscher Filmregisseur war umstrittener, produktiver und besessener als Rainer Werner Fassbinder. Als er 1982 mit nur 37 Jahren stirbt, hat er das Theater revolutioniert und ein Gesamtwerk von 44 Filmen und Fernsehserien hinterlassen. Keiner vor oder nach ihm hat in einer so kurzen Schaffensphase die deutsche Gesellschaft derart schmerzhaft und wahrhaft porträtiert. Keiner hat polarisiert wie er. Fassbinder war Motor und Kraftzentrum seiner Generation und hat mit rasender Energie die deutsche Kulturlandschaft seiner Zeit umgepflügt.

Mehr als 30 Jahre nach seinem Tod gewährt der Dokumentarfilm "Fassbinder" einen neuen Blick sowohl auf die zerstörerischen als auch auf die unbekannten, sensiblen Seiten des Regisseurs. Um dem Phänomen Fassbinder nahezukommen, liegt ein Augenmerk des Films auf seinen ersten künstlerischen Ambitionen als Internatsschüler, den Zeiten der Unruhe und des Aufbruchs, bevor die skandalöse Lebensweise zu seinem ebenso skandalösen Tod führte. Fassbinder sagt in einer seltenen Tonbandaufnahme: "Ich wusste, ich werde Filme machen, das wusste ich, seit ich zwölf war. Es war nur eine Frage der Zeit". Sein Film "Liebe ist kälter als der Tod" wird wegen seiner langen Einstellungen auf der Berlinale 1969 noch ausgepfiffen. "Die Ehe der Maria Braun" erzählt von Kriegsheimkehrern und Verdrängung und wird ein Welterfolg. "Angst essen Seele auf" handelt vom Hass der Deutschen auf Ausländer. Die düstere Geschichte des aufkeimenden Faschismus in dem Roman "Berlin Alexanderplatz" lässt Fassbinder nicht los, seit er 19 ist. Mit Mitte 30 macht er daraus die bis dahin teuerste deutsche Fernsehserie. Sein vorletzter Film "Die Sehnsucht der Veronika Voss" beschreibt gleichzeitig seinen eigenen beginnenden Absturz und gewinnt 1982 den lang ersehnten Goldenen Bären.

Wie Fassbinder mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Schauspielerinnen und Schauspielern, Rivalen und Liebesabenteuern, seinen Machtkämpfen und seiner offen zur Schau gestellten Bisexualität umging, ist in der Begegnung mit seinen Stars zu erfahren - Hanna Schygulla, Irm Hermann und Margit Carstensen. Sie und seine Weggefährtinnen und Weggefährten, Freunde und Förderer wie Harry Baer, Günter Rohrbach, Thomas Schühly, Fritz Müller-Scherz und Juliane Lorenz erzählen von Ihren Erlebnissen mit Fassbinder, als sei es gestern gewesen. Hanna Schygulla: "Er hatte was Rührendes, Verletzliches und was Raubtierhaftes", Irm Herman: "In dem Moment, als gedreht wurde, war ich ihm verfallen. Eine Intimität der Sonderklasse." Margit Carstensen: "Er hat sich mit jedem von uns so existentiell auseinandergesetzt, dass das in das eigene Leben eingriff. Er hatte seine eigene Last zu tragen, musste mit irgendetwas fertig werden."

Der Dokumentarfilm verknüpft zahlreiche autobiografische Elemente von Fassbinders Spielfilmen mit bisher unveröffentlichten Passagen aus seinem schriftstellerischen Frühwerk und Selbstzeugnissen seltener Interviews. Damit kommt der Film "Fassbinder" seinem Leben auf die Spur und lässt ahnen, woher das Enfant Terrible des neuen deutschen Films den Willen und die Kraft nahm, sich unbeirrbar durchzusetzen. "Fassbinder" - ein Porträt, eine Symbiose zwischen Film und Leben.

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