Endlich hören!

Endlich hören!

Wenn Natalie morgens aufwacht, ist alles ganz still. Sie hört nicht das Rascheln ihrer Bettdecke, nicht das Motorengeknatter vor dem Fenster, auch nicht das "Guten Morgen" ihres Freundes Johannes. Natalie ist praktisch taub seit ihrer Kindheit. Trotzdem hat sie sprechen gelernt und kann von den Lippen ablesen. Auch deshalb steht sie mitten im Leben. Sie ist Architektin und hat sogar im Ausland studiert. Jetzt wagt sie ein unberechenbares Abenteuer: Sie will hören können.

In der Frankfurter Universitätsklinik lässt sie sich operieren, bekommt ein so genanntes Cochlea-Implantat. Zu Beginn klappt alles gut, schon im OP reagiert der Hörnerv, der dreißig Jahre lang nicht gefordert wurde. Doch dann beginnt eine lange Zeit des Wartens, Hoffens und Trainierens. Wird sie wirklich hören können? Wenn ja, wie wird sie die Flut der Geräusche verkraften, die sie dann überschwemmt? Und wird sie verstehen können, was sie hört?

Sie sei ein Hörbaby, hatte der Arzt vor der Operation zu ihr gesagt - und tatsächlich, wie ein Neugeborenes muss sie die Welt der Töne vollkommen neu erlernen. Jeden einzelnen Ton, jedes Wort, jede Zahl muss ihr Gehirn neu abspeichern. Ihr Lebenspartner unterstützt sie ebenso wie ihre Familie. Langjährige Freunde üben mit ihr das Hören und schreiben lange Listen einander ähnelnder Worte, die sie ihr vorlesen. War es ein Röckchen, ein Söckchen oder ein Stöckchen? Schwer und zäh, der Lernprozess, Natalie muss aufpassen, nicht die Zuversicht zu verlieren.

Die Filmautorin Simone Jung begleitete Natalie fast vier Jahre, hat erlebt, wie die werdende Mutter den Herzschlag ihres Kindes zum ersten Mal hört und wie sie als freischaffende Architektin im Krach der Baustelle mit den Handwerkern spricht. Nur das mit dem Telefonieren ist auch nach Jahren noch ganz schön schwierig. Aber auch das wird besser.

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