Ein Schutzwall für Europa

Ein Schutzwall für Europa

Europa wird in den nächsten zehn Jahren seine Grenzverteidigung weiter ausbauen. Aber Mauern und Zäune waren gestern. In Zukunft sollen Hightech-Systeme die Grenzen sichern.

Es würde mindestens 2000 Milliarden Euro kosten, die 7721 Kilometer Landesgrenzen des Schengen-Raums einzuzäunen und zu sichern. Doch können Mauern und Hochsicherheitszäune Europa vor illegaler Einwanderung, Kriminellen und Terroristen schützen?

Der Zaun der spanischen Exklave Melilla in Nordafrika ist mehr als sechs Meter hoch. 2005 wurde der elf Kilometer lange Zaun für 33 Millionen Euro modernisiert: Nun sind es insgesamt drei Barrieren, geneigt und mit speziellem Gitter verstärkt, was es unmöglich machen sollte, mit Fingern oder Füßen Halt zu finden. Mehr als 300 Polizisten bewachen ihn nur auf spanischer Seite. Allein die Wartungskosten belaufen sich auf 154 000 Euro pro Kilometer Zaun pro Jahr. Der Zaun in Melilla ist Europas deutlichstes Signal an die Außenwelt, dass es für sich bleiben will. Doch manchen gelingt der Sprung über den Zaun dennoch. Alle paar Wochen stürmen sie los. Manchmal zu Hunderten, weil sie nur so die Grenzpolizisten überrumpeln können. Mehr als 1000 haben es allein am 28. Mai 2014 versucht, 400 kamen durch.

2007 entwickelten die Amerikaner auf Initiative des damaligen Präsidenten George W. Bush eine elektronische virtuelle Barriere SBI, Secure Border Initiative: Radar-Überwachung, Kameras, Bewegungsdetektoren. Doch 2010 wurde das Projekt durch den amerikanischen Rechnungshof geprüft und für zu teuer und technisch nicht ausgereift befunden: Die Radargeräte seien zu empfindlich - sie lösten Alarm aus, sobald Regentropfen auf die Kameras gerieten. Bewegungsmelder verwechselten das vom Winde verwehte Laub von Sträuchern mit heimlichen Immigranten. Und sie konnten Tiere von Menschen nicht unterscheiden. Um die 3200 Kilometer lange Grenze zu sichern, würden die Arbeiten 320 Jahre dauern und circa 40 Milliarden Dollar kosten, berechneten die Prüfer vom Rechnungshof. 2011 wurde SBI aufgegeben. Das Projekt hatte den Steuerzahler bis dahin mehr als eine Milliarde Dollar gekostet und hat dabei nur 85 Kilometer abgedeckt. Ob Präsident Donald Trump per Dekret alle vorherigen Probleme und Kosten in den Griff bekommen kann, wird sich zeigen.

Der französische Journalist Guillaume Pitron zeigt an Beispielen aus den USA und Spanien auf, dass es keine absolute Kontrolle von Landesgrenzen geben kann, egal wie hoch der Aufwand betrieben wird. Aber es ist ein lukratives Geschäft für die Unternehmen, die die Sicherheitstechnik liefern. Weil Europas Außengrenzen zu über 42 000 Kilometer auch im Mittelmeer verlaufen, kommen Patrouillenboote, Drohnen und Satelliten inklusive Software hinzu, um Daten über Migranten zu sammeln. Das hält nur die Ärmsten der Armen davon ab, nach Europa einzureisen. Für alle anderen treibt es die Kosten der Schlepper in die Höhe und das persönliche Risiko, auf der Flucht umzukommen.

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