Die Zukunftsmacher im Ruhrgebiet

Die Zukunftsmacher im Ruhrgebiet

Erst Kohle und Stahl, dann Autos, Medien, Bildung und Kultur. Es gab viele Ideen für den Strukturwandel nach der Kohlekrise Ende der 1950er-Jahre im Ruhrgebiet. Die Menschen hier kennen das dauernde auf und ab und sehen den Alltag in ihren Städten. Doch was machen Frau und Mann aus dem Ruhrgebiet? Sie krempeln die Ärmel hoch, so wie man es hier immer schon gemacht hat. Voller Tatendrang und mit ganz eigenen Visionen für den "Pott" und weit darüber hinaus.

Marec Hase wollte schon als 16-Jähriger Praktisches erfinden. Er verbarrikadierte sich in der Garage seiner Eltern in Waltrop und bastelte so lange, bis er das erste Tandem-Liegefahrrad der Welt fertig hatte. Das baute er, um mit seinem blinden Freund eine Radtour durch Holland zu machen. Heute experimentiert er immer noch, aber im großen Stil. Aus der Garage ist eine Fabrik geworden und die steht immer noch in Waltrop. Wenn es um Spezialfahrrädern für Menschen mit Behinderung geht, ist er mittlerweile weltspitze. Sein Credo: jeder kann mobil sein, egal welches Alter oder welches Handicap er hat.

Ein Handicap ganz anderer Art treibt Architekt Tim Rieniets an: Er lässt den Makel "Bausünde", der vielen Bauten aus der Nachkriegszeit anhaftet, nicht als solchen gelten. Für ihn ist fast jedes Haus erhaltenswert. Er spricht dabei von grauer Energie, die in diesen Häusern schlummert und die man nutzen sollte. Und während seine Kollegen vielerorts die schmucklosen Funktionsbauten der 50er - und 60er-Jahre abreißen, um neue Siedlungen hochzuziehen, sieht Rieniets das Schrumpfen der Ruhrgebietsstädte als Chance für neue Wege in der Stadtplanung. "Das, was wir haben, sollten wir nutzen". Umgestalten, neu erfinden und dabei die alten Geschichten nicht vergessen. Aus einem leerstehenden Schwimmbad wird ein Kulturzentrum, aus einem alten Kaufhaus ein Wohnquartier für alle. Und wenn es nach Tim Rieniets geht, auch von allen. Jeder soll mitgestalten und so die Umwelt gestalten.

Davon träumt auch Ute Krämer, ihre "grünen Kumpel" sollen übernehmen, wenn auch die letzte Zeche geschlossen ist. Diese Kumpel hören auf den Namen Hellersche Schaumkresse. Schön sind die Pflanzen nicht, aber in ihren Augen ein wahres Wunderkraut. Denn sie haben die Gewohnheit, Schwermetalle und seltene Erden mit ihren Wurzeln aus dem Boden zu ziehen und in ihren Blättern anzureichern. Die Vision der Professorin für Pflanzenphysiologie aus Bochum: Der Natur dabei helfen, sich selbst zu heilen. Ute Krämer glaubt fest an ihr Zauberkraut, das dort wächst, wo sonst nichts wächst. Aus der Pflanzenasche lassen sich später wieder seltenen Erden und Schwermetalle herausfiltern und nutzen. Allerdings ist das noch ein sehr langwieriger Prozess und Krämer weiß, dass der Erfolg nur kommt, wenn das schneller geht. Daran forscht sie.

Schneller und vor allem auch ohne Menschen soll es für Jana Jost und Philipp Wrycza gehen. Ihre Paketdrohne und die Paketkiste sollen schneller packen und transportieren. Effizienz heißt das Wort der Stunde. Und die beiden jungen Entwickler stehen für die neue Forschergeneration am Fraunhofer-Institut in Dortmund.

Jana Jost ist ein pragmatischer Mensch. Trotzdem hat ihre intelligente Transportkiste Emily ein Gesicht, damit kann Emily via App mit den Menschen kommunizieren. Das unscheinbare Kästchen weiß genau, wann, wohin und mit welcher Ladung es unterwegs ist.

Philipp Wrycza Devise lautet: "einfach mal ausprobieren und gucken, was passiert". Das Ergebnis: Bin:Go: eine flexible Transport-Drohne, die beides kann: rollen und fliegen. Damit verbraucht sie nicht nur weniger Energie, sie könnte auch die Lagerlogistik entscheidend verbessern. Rückschläge halten den Jungforscher nicht auf. Im Gegenteil. Sie sind nur kleine Abstecher auf dem Weg zum Ziel.

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