Die Kritiker - Zwischen Macht und Ohnmacht

Die Kritiker - Zwischen Macht und Ohnmacht

Kritiker können Bestsellern den Weg ebnen, das Publikum vom Kinobesuch abhalten und Theateraufführungen in Katastrophen verwandeln. Kritikern wird unterstellt, das Bedürfnis nach Spott und Schadenfreude zu stillen, und alles besser zu wissen. Höchste Zeit, diesem gefürchteten Berufsstand zu Leibe zu rücken. Wer sind die Menschen, die hinter den kleinen schwarzen Attacken stecken? Was treibt sie an, welchen Einfluss haben sie, wem sind sie verpflichtet und welches Leid fügen sie ihren Opfern zu? In 'Die Kritiker - Zwischen Macht und Ohnmacht' lässt Filmemacher Claus Räfle Kritiker und Kritisierte aus drei klassischen Kulturgattungen, aus Film, Literatur und Theater, in einem europäischen Streifzug zu Wort kommen. Anlässlich der Filmfestspiele in Cannes befragt er zwei Vertreter der ehrwürdigen französischen Filmkritik nach deren Einschätzung eigener Macht oder Ohnmacht. Angesichts einer zunehmenden Kommerzialisierung der Filmkunst fällt ihr Eigenurteil eher bescheiden aus. 'Wir versuchen, den Kleinen zu helfen und die Großen gerne auch mal abzuwatschen', so der Kulturchef und Filmkritiker der französischen Tageszeitung 'Libération', Gérard Lefort. Doch gänzlich wirkungslos scheint ihre Zunft auch in Zeiten der Blockbuster nicht zu sein. Sein Kollege Thomas Sotinel von 'Le Monde' klagt, dass ihn schon mal ein aufgebrachter Regisseur verprügeln wollte, so sehr habe ihn eine wenig zustimmende Besprechung seines Filmes vergrätzt. Im deutschen Literaturbetrieb geht es weniger handgreiflich zu. Dafür droht einer traditionsreichen Zunft der Garaus, wie der Chefkritiker der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung' beklagt. Es gibt kaum noch Nachwuchs. Dabei hat dieses Fach hierzulande den wohl bekanntesten Kritiker überhaupt hervorgebracht. Doch auch Übervater Marcel Reich-Ranicki stellt seinen Erben ein wenig schmeichelhaftes Zeugnis aus. Vielen mangele es am wesentlichen Rüstzeug ihres Berufes, an 'der Fähigkeit zu lesen,' so Marcel Reich-Ranicki.

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