Die Hexen vom Hörselberg

Die Hexen vom Hörselberg

Im Thüringer Land, nicht fern von Eisenach, erhebt sich ein mystischer Höhenzug über die Landschaft, die Hörselberge. Von ihnen sollen ungeahnte Kräfte ausgehen. Viele Sagen und Legenden ranken sich um die besondere Felsengruppe mit ihren weit über Deutschland hinaus berühmt gewordenen Höhlen. Im Berginneren sollen sogar Teufel und Dämonen gehaust haben. Berüchtigte Hexen, heißt es, hätten sich am Berg versammelt und seien von hier zum Blocksberg geflogen. Und sogar Schreie armer Seelen der Hölle meinte man aus dem Berginnern zu hören.
Die "Weiber der Ortschaften unter den Hörselbergen" hingen Kränze aus Holunder oder Birke an die Häuser und Ställe, "um den Satan und die ihm ergebenen Hexen abzuwehren", schrieb Johann Praetorius im 17. Jahrhundert. Auch von einer Teufelin Venus ist die Rede, die ehrbare christliche Ritter mit ihren Reizen verführte und sie somit in die tiefste Verdammnis stürzte. Selbst Richard Wagners Opernheld Tannhäuser verfiel der ungezügelten Sinnlichkeit in einer Höhle des Hörselbergs.
Für den Sagendichter Ludwig Bechstein ist dieser Höhenzug "der hauptsächlichste Träger des Mythentums" im Thüringer Land. Auch die Schriftstellerin Irmtraud Morgner ließ sich in ihrem Hexenroman "Amanda" vom Mythos der Hörselberge inspirieren. Bis heute sind die Hörselberge mit einer Aura des Geheimnisvollen umgeben.
Janine Strahl-Oesterreich besucht die legendenumwobene Anhöhe und will herausfinden, was ihren Zauber ausmacht. Sie fragt nach den Hexen, nach Frau Venus und Ritter Tannhäuser. Sie erfährt von dem alten Hexenkräuterwissen, das die weisen Frauen trotz drohender Todesstrafen über Generationen weitergegeben haben. Sie findet heraus, dass noch heute die Hörselberge eine botanische Schatztruhe, eine regelrechte Arzneiausgabestelle sind. Und eine moderne "Kräuterhexe" gewährt ihr nicht nur einen Einblick in ihre wohlriechende geheimnisvolle Brauküche, sondern hält manchen Tipp zur Linderung von kleineren und größeren Wehwehchen bereit.
Aber auch wahre Geschichten einer unrühmlichen Zeit findet man in den Thüringer Archiven. Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert fanden mörderische Hexenjagden statt. Thüringen war eine der Hochburgen während der Hexenverfolgung. 800 Scheiterhaufen haben hier nachweislich gebrannt. Der Hexenwahn hat viele Spuren hinterlassen. Doch mit dem Wandel der Zeiten änderte sich auch das Bild der Hexe. Die Zeit der Hexenvertreibung ist lange vorbei. Wer heute am Hörselberg ums Feuer tanzt, feiert den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens. Das lodernde Feuer verheißt Licht und Wärme nach der kalten Jahreszeit. Spätestens dann versteht man den Zauber, der von diesem Berg ausgeht.

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