
Die Erben - Literatur gegen das Vergessen
Sie schreiben, ohne das Grauen selbst erlebt zu haben: Ob in New York, Paris, Dresden, Florenz - seit einigen Jahren machen junge Schriftsteller der Nachkriegsgeneration den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust zum Gegenstand ihrer Romane. Ruth Zylberman hat vier Autoren - Daniel Mendelsohn, Yannick Haenel, Laurent Binet und Marcel Beyer, die alle in den 1960er bis 70er Jahren geboren wurden - zu ihren Beweggründen befragt.
Daniel Mendelsohn ging 2007 mit seinem Roman "Die Verlorenen" - in Deutschland erschienen 2010 bei Kiepenheuer & Witsch - auf Spurensuche nach sechs Mitgliedern seiner Familie, die Opfer des Holocaust geworden sind. Yannick Haenel schrieb "Das Schweigen des Jan Karski" - erschienen 2011 bei Rowohlt -, einen Roman in drei Teilen über den polnischen Widerstandskämpfer Jan Karski, der das wahre Ausmaß der Judenvernichtung ans Licht bringen wollte. Laurent Binets Debütroman "HHhH" - erschienen ebenfalls 2011 bei Rowohlt - handelt von der Ermordung Reinhard Heydrichs 1942.
Nicht zuletzt geht es auch um den deutschen Schriftsteller Marcel Beyer, der in seinem Gesamtwerk in verschiedenen Brechungen immer wieder auf die Zeit des Nationalsozialismus Bezug nimmt. In seinem Roman "Flughunde" erforscht Beyer die Innenwelt einer imaginären Figur, eines zum Folterknecht gewordenen Schallforschers, der an politischen Häftlingen und Deportierten medizinische Stimmenexperimente vornimmt.
Die vier Autoren verarbeiten das Erbe des Zweiten Weltkriegs auf ganz unterschiedliche Weise. Als Angehörige der zweiten oder dritten Nachkriegsgeneration werfen sie neue Fragen auf und stellen das Verhältnis zwischen Literatur, Geschichte und der eigenen Identität auf den Prüfstand. "Die Erben - Literatur gegen das Vergessen" beschäftigt sich mit den persönlichen Hintergründen und dem künstlerischen Werdegang der Schriftsteller und fragt nach der Verantwortung der Literatur in der Vermittlung von Geschichte.