Der Katakombenpakt

Der Katakombenpakt

Die Szene hat etwas Geheimnisvolles: Am 16. November des Jahres 1965 steigen in Rom rund 40 Bischöfe - Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils - in die Domitilla-Katakomben hinab, feiern einen Gottesdienst und unterzeichnen eine radikale Selbstverpflichtung. Auf teure Dienstwagen, auf Bischofspaläste, prunkvollen Ornat und selbst auf ihre Ehrentitel wollen sie verzichten. Stattdessen machen sie es sich zur Aufgabe, arm zu leben und für die Rechte der Armen zu streiten. 500 Konzilsväter werden am Ende diesen Katakombenpakt unterschrieben haben. Der Text wird in Lateinamerika die 'Theologie der Befreiung' und die 'Option für die Armen' befeuern. Papst Paul VI. bekommt ihn überreicht - dann scheint seine Spur plötzlich zu verschwinden. Dabei ist schon die Anweisung Jesu eindeutig: 'Sammelt euch Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.' (Mt 6,20). Durch alle Jahrhunderte hinweg und bis in die Gegenwart hinein scheint die Kirche diese Worte vergessen zu haben. Paläste und kirchliche Prunkbauten entstanden und entstehen. Allein die Papstreise 2011 nach Deutschland kostete weit mehr als 35 Millionen Euro. Hat die Kirche ihren Auftrag vergessen, an der Seite der Armen zu stehen und für sie Partei zu ergreifen? Mit diesen Fragen war schon der brasilianische Bischof Dom Helder Câmara zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) nach Rom gereist. Nacht für Nacht notiert er während der Konzilssitzungen seine Gedanken. Es sind sehr persönliche Notizen, geprägt von weitreichenden Visionen für eine Erneuerung der Kirche und für eine gerechtere Welt. Helder Câmara war ein Netzwerker und hatte großen Einfluss auf die Diskussionen des Konzils. Er engagierte sich mit anderen Bischöfen für eine 'dienende und arme Kirche'.

Bewertung

0,0   0 Stimmen