Der gläserne Turm

Der gläserne Turm

In einer modernen Filmsprache inszenierte Harald Braun einen die Nachkriegszeit und ihr Primat der Wirtschaft entlarvenden Film, der mit Lillli Palmer und O. E. Hasse großartig besetzt ist und sich vom Melodram zum Kriminal- und Gerichtsfilm entwickelt.

"Der gläserne Turm" ist ein in vieler Hinsicht überraschender und bemerkenswerter Film. Er zeigt ein bildsprachliches Stilbewusstsein, das hinter Filmen Michelangelo Antonionis und anderer europäischer Vertreter der filmischen Avantgarde nicht zurücksteht. Bemerkenswert ist auch die Selbstverständlichkeit, mit der dieser moderne Ansatz umgesetzt wird, ohne affektiert oder plakativ zu wirken. Ambitioniert ist die visuell einfallsreiche Inszenierung der Räume und der Menschen darin, aber auch die eingesetzte Musik ist facettenreich. Die Räume werden sinnlich erfahrbar in ihrer Demonstration von Macht und vermeintlichem, aber tatsächlich hohlem Fortschritt. Die Musik drückt die Widersprüche als Dissonanzen akustisch aus.

Überzeugend gelingt auch die plötzliche Wendung vom Melodram zum Kriminal- und Gerichtsfilm, die dem Film im letzten Drittel einen zusätzlichen Thrill verleiht. Auch die darstellerischen Leistungen von Lilli Palmer und O. E. Hasse sind beeindruckend: Palmer wechselt von der eingesperrt still leidenden Unternehmersgattin zur neugierigen, sich selbst austestenden Schauspielerin. Trotzdem ist Hasse das dramatische Schwergewicht des Films: zunächst souverän-machtbewusst und dämonisch, dann unerbittlich kämpfend bis zur verzweifelten Resignation.

Bewertung

0,0   0 Stimmen