Der Fremde in meinem Haus

Der Fremde in meinem Haus

Recht und Kriminalität 

Tanja G. hat Angst um ihr Leben. Der Einbrecher, dem sie in ihrer Wohnung begegnet, ringt sie nieder und würgt sie, bevor er flieht. Er hat aus ihrer Wohnung nur ein Handy gestohlen, doch sie verliert viel mehr: ihre Sicherheit, ihr Selbstvertrauen, ihr Gefühl von Geborgenheit im eigenen Heim. Tanja G. betritt ihre Wohnung nach dem Einbruch nie wieder allein. Sie zieht sofort aus, lässt sogar die meisten Möbel in der alten Wohnung. "Ich bin ein freiheitsliebender Mensch", so beschreibt sich die heute vierzigjährige Lehrerin, "doch ich konnte nach diesem Tag nicht mehr allein leben". In Nordrhein-Westfalen steigt die Zahl der Wohnungseinbrüche seit Jahren kontinuierlich. 2013 waren es knapp 55.000. Aus diesem Grund wurden landesweit 96 neue Ermittlungskommissionen gegründet. Münster ist eine der Städte, die besonders vom Anstieg der Wohnungseinbrüche betroffen sind. In den letzten drei Jahren hat sich hier die Zahl der Einbrüche verdoppelt. Eines der Opfer in Münster ist Parvin H. Die gebürtige Iranerin fühlt sich seit dem Einbruch nicht mehr sicher in ihrem Haus. Sie fühlt sich zudem verantwortlich dafür, dass die Täter so viel Schmuck und Wertgegenstände erbeutet haben - Erbstücke, Geschenke, unwiederbringliche Erinnerungen. "Ich habe gedacht, hier ist es sicher", sagt sie noch immer fassungslos, "und jetzt ist alles weg". Doch was soll sie tun? Ausziehen kommt für sie und ihre Familie nicht in Frage. Es ist das Elternhaus ihres Mannes. Sie muss lernen, mit dem brutalen Eingriff in ihre Intimsphäre, in ihr Zuhause zu leben. Tanja G. hat sich damals gegen den Einbrecher gewehrt. Als der zu fliehen versucht, läuft Tanja G. hinterher, stürzt sich auf ihn und versucht, ihn festzuhalten - vergeblich. Noch heute weiß sie nicht, warum sie sich in diese Gefahr begab. "Ich wollte einfach nicht, dass er davonkommt", sagt sie. In ihrem Fall wurde der Täter später tatsächlich gefasst. Doch das ist eher die Ausnahme. Lediglich 13 Prozent aller Einbrüche in Nordrhein-Westfalen können aufgeklärt werden. Die Opfer müssen mit dem Gefühl leben, dass Fremde in der Wohnung waren und ihnen das Gefühl von Sicherheit genommen haben.

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