Das Zeitalter der Reformation im Südwesten

Das Zeitalter der Reformation im Südwesten

Als Martin Luther im Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablassmissbrauch veröffentlicht, ahnt er nicht, dass dies die Welt verändern würde. Am Ende wird nichts mehr sein, wie es war. Im Zeitalter der Reformation und der Renaissance verändert sich alles: die Religion, die Wissenschaft, die Kunst und der Alltag der Menschen.

Käufliches Seelenheil

Ungewollt wird Albrecht von Brandenburg, seit 1514 Erzbischof von Mainz, zum Auslöser der Reformation. Ein unbeliebter, ja geradezu verhasster Kirchenfürst. Er lässt den im 16.Jahrhundert üblichen Ablasshandel intensivieren, auch um seine Schulden zu begleichen. Er und die katholische Kirche versprechen den Gläubigen, dass sie sich durch den Kauf eines Ablassbriefes von ihren Sündenstrafen freikaufen können. Ein verführerisches und gewinnbringendes Angebot, denn nichts fürchten die Menschen damals mehr, als nach dem Tod lange im Fegefeuer zu schmoren.

Auf zu neuem Glauben

Und dann kommt 1517 Martin Luther, der sich auf die Bibel beruft, in der er keinen Hinweis auf die Rechtmäßigkeit des Ablasshandels findet. Er behauptet, allein durch die Gnade Gottes könne der Mensch die Vergebung seiner Sünden und das ewige Leben erlangen. Er vertritt somit Thesen von enormer Sprengkraft. Und er ist ein Meister in der Handhabung der damals neuen Medien, vor allem in der massenhaften Verbreitung von Flugblättern. Auch deshalb werden seine Thesen auch im Südwesten rasch bekannt. Hier findet er bald treue Anhänger wie Johannes Brenz und Philipp Melanchthon, die auch zu Luther halten, als 1521 auf dem Reichstag zu Worms die Reichsacht über ihn verhängt wird und er damit für vogelfrei erklärt wird.

Thesen mit Sprengkraft

Auf diesen Schritt reagiert Luther mit einer Denkschrift, in der er postuliert: "Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand Untertan." Damit nimmt er ungewollt Einfluss auf den Aufstand der Bauern, der 1525 insbesondere den deutschen Südwesten erschüttert. Die Bauern berufen sich auf die Schriften der Reformatoren, sie wollen Freiheit, so wie sie es bei Luther gehört hatten. Das alte System der Leibeigenschaft, das seit dem Mittelalter bestand, wird nun als drückende Ungerechtigkeit empfunden. Auslöser der Aufstände gegen weltliche wie kirchliche Lehnsherren sind aber letztlich die ökonomischen Verschlechterungen, die die Bauern in den Jahrzehnten davor hinnehmen mussten.

Mit Dennis Wilms auf Spurensuche

Der Wissenschaftsjournalist Dennis Wilms führt die Zuschauer zu den entscheidenden Plätzen der Epoche im Südwesten: nach Worms und Heidelberg, wo Luthers Auftreten für Furore sorgte, nach Tübingen, wo Generationen evangelischer Pfarrer ausgebildet worden sind und wo Geistesgrößen wie Kepler und Schickhardt die wissenschaftliche Welt auf den Kopf stellten, oder nach Frankenthal, wo protestantische Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden angesiedelt wurden und dem Ort zu einer ungeahnten wirtschaftlichen und künstlerischen Blüte verhalfen. Und Dennis Wilms ist dabei, wenn in Experimenten die Technik von damals nachvollziehbar gemacht wird: beim Buchdruck, wie ihn Gutenberg erfunden hatte, oder bei der Herstellung eines Globus mit alten Karten. Er "testet" eine Rechenmaschine, wie sie Keplers Kollege Wilhelm Schickhardt in Tübingen entwickelt hatte, und er schaut einem heutigen Künstler beim Kupferstechen über die Schulter.

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