Bier vom Boot

Bier vom Boot

Hunderte Jachten und Hausboote schippern von Frühjahr bis Herbst über die Mecklenburgische Seenplatte. Mittendrin ist Jens Winkelmann mit seinem schwimmenden Kiosk. Von seinem kleinen Motorboot aus beliefert er Freizeitkapitäne mit Brötchen, Wurst und Räucherfisch und vor allem mit eiskaltem Bier.

Die Idee, einen Handel auf dem Wasser zu betreiben, kam Jens Winkelmann vor zwei Jahren, als er arbeitslos wurde. Ihm war schnell klar, dass er mit 52 Jahren als Hotelier keinen Job mehr finden würde. Und tatsächlich bekam er schon bald einen kleinen Kiosk mit Bootsverleih zur Pacht angeboten. Aber erst als er sein Büdchen aufs Wasser verlegte, gelang dem Unternehmer der Durchbruch. Gezielt konnte er mit seinem Boot auf neue potenzielle Kunden zusteuern.

Jens Winkelmann erreicht mit dem schwimmenden Kiosk mühelos die Müritz-Schleusen, wo sich im Sommer der Schiffsverkehr staut und die Boote bis zu acht Stunden warten müssen. Den Freizeitkapitänen kommt der Verkäufer von gekühlten Getränken auf dem Wasser gerade recht. Doch manchmal sind die Urlauber auch äußerst zurückhaltend und wollen nichts kaufen, weiß Jens Winkelmann zu berichten. Dann muss er kurzfristig zum Marktschreier werden. Wenn er den ersten Kunden überzeugt hat, lassen die anderen nicht lange auf sich warten.

Besonders gefragt ist der Händler mit der schwimmenden Imbissbude am Abend, wenn die Hausboote auf dem See Anker gesetzt haben. Dann merken die Urlauber, dass ihnen etwas fehlt. Wer will schon wegen ein paar Kleinigkeiten extra ans Ufer schippern?

Während Jens Winkelmann unterwegs ist, schmeißt seine Frau Berit den Bootsverleih und die Verkaufsbude an Land. Über Arbeitsmangel kann sich das Ehepaar nicht beklagen, aber das Saisongeschäft ist kurz, in diesem Jahr sogar zwei Wochen kürzer als gewöhnlich. Das trifft die Menschen, die vom Tourismus leben, besonders hart. Es kann dann finanziell ganz schön eng werden. Und noch ein Problem macht ihnen Sorgen. Die Schleusenwärter an der Müritz sollen abgeschafft werden.

"Wenn die weg sind, herrscht hier Chaos", befürchtet der Familienvater, "dann hat keiner mehr Zeit für Räucherfisch und Bier."

Trotz aller Unwägbarkeiten und Herausforderungen ist Jens Winkelmann, Vater von zwei Kindern, froh, den Schritt in die saisonabhängige Selbstständigkeit gewagt zu haben. Denn, alles sei besser als herumzusitzen, meint er. Und wenn die Schleusen tatsächlich geschlossen werden, dann fiele ihm schon etwas Neues ein. Da ist sich Jens Winkelmann ganz sicher.

NDR Autorin Elke Bille hat den Händler und seine Frau mehrere Tage lang in der Vor- und in der Hochsaison bei der Arbeit begleitet.

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