Atom-Streit in Wackersdorf - Die Geschichte einer Eskalation

Atom-Streit in Wackersdorf - Die Geschichte einer Eskalation

"Wutbürger", gesellschaftliche Spaltung, Misstrauen gegen den Staat und die Medien - was wie eine Zustandsbeschreibung der Gegenwart klingt, beschreibt auch ein prägendes Ereignis der deutschen Geschichte: die Eskalation des Konflikts rund um die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf in den späten 1980er-Jahren.

Traditionell war die Gegend um Wackersdorf eine CSU-Hochburg: konservativ und alles andere als aufmüpfig. Auch als 1985 der Beschluss fällt, dass die WAA kommen soll, stehen die meisten Bürger dem Projekt zunächst positiv gegenüber. Doch die massiven Polizeieinsätze verunsichern die Bürger und vor allem die Bauern der Umgebung. Als einige von ihnen Demonstranten bei sich übernachten lassen, werden auf ihren Höfen Razzien durchgeführt. Im Laufe der Zeit schließen sich immer mehr Anwohner der Protestbewegung an. Am 10. Oktober 1987 erreichen die Proteste ihren blutigen Höhepunkt: Eine von der bayerischen Staatsregierung angeforderte Berliner Spezialeinheit knüppelt am Bauzaun Demonstranten nieder und unterscheidet dabei nicht zwischen gewaltbereiten Chaoten und ganz normalen Bürgern. Die Öffentlichkeit ist entsetzt, die Staatsregierung wiegelt ab, Beobachter sprechen von "Bürgerkrieg". Keine zwei Jahre später werden die Pläne für die WAA aufgegeben, doch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen des nie vollendeten Großprojekts prägen die Region bis heute.

Filmautor Klaus Uhrig skizziert die politisch-gesellschaftliche Gemengelage, aus der es zu einer solchen Radikalisierung kommen konnte. Es werden Verbindungen zu den Widerstandsbewegungen in Gorleben und an der Frankfurter Startbahn West aufgezeigt - und zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, die der Anti-Atomkraft-Bewegung viel Zulauf verschaffte.

Dabei kommen zahlreiche Akteure der Jahre 1985 bis 1989 ausführlich zu Wort, darunter Irmgard Gietl, eine Hausfrau aus der Umgebung der WAA, die bereits Großmutter war, als sie sich politisierte, Hans Schuierer, der als Landrat von Schwandorf zunächst für die Anlage war und sie später umso entschiedener bekämpfte sowie der damalige Staatssekretär im Innenministerium Peter Gauweiler, der von Franz Josef Strauß in die Oberpfalz geschickt wurde, um die Proteste dort unter Kontrolle zu bekommen.

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