Anthropozän - Naturgewalt Mensch

Anthropozän - Naturgewalt Mensch

Wir Menschen haben die Erde in einem Umfang verändert, dass Wissenschaftler inzwischen vom "Anthropozän" sprechen, dem "Erdzeitalter des Menschen".

Seit der niederländische Chemiker und Atmosphärenforscher Paul J. Crutzen im Jahr 2000 diesen Begriff in die wissenschaftliche Diskussion warf, hat er weit über die Gemeinde der Geologen und Fachleute hinaus Karriere gemacht.

Denn was Crutzen und andere mit dem "Erdzeitalter des Menschen" zum Ausdruck bringen wollten, ist längst offensichtlich: Landwirtschaftliche Nutzflächen überziehen große Teile der Erdoberfläche mit geometrischen Mustern, Megastädte wuchern über schier endlose Flächen, vielspurige Straßen winden sich selbst durch Hochgebirge und Wüsten. Dazwischen die Zeugen unserer Ausbeutung der Erde, gewaltige Erz- und Kohleminen, Raffinerien, Industrieanlagen und Containerhäfen. Die sogenannte Technosphäre, die von Menschen hergestellten Dinge, wiegt mittlerweile mehr als die Gesamtheit aller Tiere und Pflanzen. Rund 50 Kilogramm Menschenwerk lasten statistisch gesehen auf jedem Quadratmeter der Welt.

Der Einfluss des Menschen auf die Erde kann es inzwischen an Ausmaß mit den großen Naturkräften aufnehmen, die den Planeten bislang gestaltet haben. Und dabei ist die Geschichte des Menschen - gemessen an den Milliarden Jahren der Erdentwicklung - nicht mehr als ein Wimpernschlag. Umso eindrucksvoller aber auch umso beängstigender ist die Dynamik, die der Mensch bei der Umgestaltung der Welt nach seinen Ideen und für seine Zwecke entfaltet hat.

Der Dokumentarfilm "Anthropozän - Das Zeitalter des Menschen", in dem internationale Wissenschaftler wie Sir Robert Tony Watson, William L. Steffen, Tim Flannery und viele andere zu Wort kommen, erzählt davon, wie wir wurden, was wir sind, was wir zu verlieren haben, aber auch, was wir bewahren können.

Der Film lädt zu einer Reise durch mehrere Kontinente und rund 10 000 Jahre Menschheitsgeschichte ein. Denn zu dieser Zeit beginnen wir, uns nicht mehr mit dem zu begnügen, was die Natur ohne unser Zutun abwirft. Wir graben das Erdreich um und betreiben Ackerbau. Wir setzen die Macht des Feuers ein, um neue Nahrungsquellen zu erschließen und in kalten Regionen zu überleben, und wir bauen die ersten Städte. Langsam, aber stetig verändern wir den Planeten. Was zu Beginn der menschlichen Zivilisation noch kaum wahrnehmbar ist, wird über die Jahrhunderte mit der wachsenden Weltbevölkerung immer deutlicher: Spätestens seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert, und noch massiver ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wird der Fußabdruck des Menschen auf der Erde unübersehbar, unter dem der Planet heute zu ersticken droht.

Der Film folgt den Stationen dieser Entwicklung durch Raum und Zeit. Er erzählt von den frühen Umgestaltern der Landschaft, wie etwa Römern und Chinesen, aber auch von kaum bekannten Personen, die auf dem Weg zum Anthropozän Wegmarken gesetzt haben. Dazu gehören Nathaniel Ward, der Erfinder eines transportablen Treibhauses in Kistengröße, das im 19. Jahrhundert den Pflanzenaustausch auf dem Planeten buchstäblich explodieren ließ, oder James W. Hyatt, der die Erfindung von Kunststoffen anstieß - um einer verbesserten Billardkugel willen.

Was sie und viele andere mit ihren Erfindungen auslösten, konnten sie nicht ahnen: Der Raubbau an der Erde durch industrielle Landwirtschaft und Massentierhaltung, die Erderwärmung durch die Nutzung fossiler Brennstoffe, die fatalen Konsequenzen der Kernenergie, die Vermüllung der Meere durch Plastik, das dramatische Artensterben - um nur einige Probleme zu nennen.

Dabei sollten viele Entdeckungen und Erfindungen auf dem Weg zum "Anthropozän" das Los der Menschen verbessern - und haben das auch getan. Dass sie sich heute so deutlich gegen uns kehren, hat damit zu tun, dass wir die Konsequenzen unseres Tuns erst spät begriffen haben. Inzwischen sind die Schattenseiten jedoch nicht mehr zu leugnen. Deshalb wird überall auf der Welt nach Alternativen gesucht, wie in Zukunft Menschen auf der Erde und im Einklang mit der Natur leben können. Der Film zeigt viele davon auf: weltweite Aufforstungsprojekte, regenerative Energien, neue Wege der Trinkwasseraufbereitung oder die Rückgewinnung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre.

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