Als die Sturmflut nach Hamburg kam

Als die Sturmflut nach Hamburg kam

Kaum ein Ereignis hat die Menschen in Norddeutschland in den Jahren des Wirtschaftswunders so aufgewühlt wie die Sturmflut von 1962. 340 Menschen starben, davon allein 315 in Hamburg. Am 16. Februar 2012 jährt sich die Katastrophe nun zum 50. Mal. In den Erinnerungen vieler Menschen ist sie immer noch lebendig. Aus diesem Anlass zeigt das NDR Fernsehen eine historische Dokumentation. Sie erzählt von der Entwicklung des verheerenden Sturmtiefs namens 'Vincinette' und stützt sich dabei auf die Erinnerungen von Zeitzeugen, die sich erstmals im Fernsehen dazu äußern und zu sehen sind. Der Film berichtet von dem jungen Meteorologen: Er sendete von einem Schiff in der Nordsee aus die ersten Sturmwarnungen an das Seewetteramt in Hamburg und folgte der Flutwelle von der Küste über Bremen bis an den Hauptort des Geschehens: nach Hamburg-Wilhelmsburg. Dort überraschte das Wasser viele Einwohner im Schlaf. Unter ihnen vor allem diejenigen, die schon einmal alles verloren und sich nun gerade wieder eine Existenz aufgebaut hatten in Behelfsheimen. Viele waren noch durch die Schrecken des Krieges geprägt. Eine Zeitzeugin beispielsweise hatte immer einen gepackten Koffer neben dem Bett, seitdem sie ausgebombt worden war. Das kam ihr in jener Nacht zugute, als sie mit ihrem zweijährigen Sohn und ein paar Habseligkeiten auf das Dach ihres Hauses flüchtete. Wie viele Menschen auf den Dächern ausharrten, erfasste damals zuerst ein Hubschrauberpilot, der aus dem niedersächsischen Bückeburg nach Hamburg gerufen worden war. Er war der Erste, der die Ausmaße der Katastrophe erkannte und einen Gesamtlagebericht abgeben konnte. Neben den Zeitzeugenberichten von Flutopfern und Rettern geht die Dokumentation der Frage nach, warum Hamburg im Gegensatz zu Bremen so schlecht auf die Sturmflut vorbereitet war. Da die Telefonverbindungen aufgrund der Wetterlage zusammengebrochen waren, was die Rettungsmaßnahmen erheblich erschwerte, kam den Amateurfunkern eine wichtige Rolle zu. Einer, der in jener Nacht auf dem Deich stand und mit seiner Funkanlage die einzelnen Retter koordinierte, erinnert sich an die zum Teil schwer erträglichen Informationen, die er weitergeben musste. Einen ganz anderen Blick auf das Ereignis hatte ein junger Fotograf, der damals bei der Illustrierten 'Stern' im Labor arbeitete. Für ihn war der Einsatz bei der Sturmflut die Chance, aus der Dunkelkammer herauszukommen. So war er am Morgen des 17. Februar 1962 ausschließlich damit beschäftigt, das Grauen in Bilder zu fassen. Für diese Dokumentation öffnete er jetzt sein Privatarchiv. Seine Fotos von überschwemmten Häusern, gestrandeten Menschen und überquellenden, als Auffanglager genutzten Schulen sind beeindruckende Zeugnisse dessen, was den Kern dieser Katastrophe ausmacht: 17 Jahre nach Kriegsende hatte das Sturmtief 'Vincinette' die zerbrechliche, gerade wiedergewonnene Normalität in nur einer Nacht zerstört.

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