37 Grad: 'Ich lass' mich nicht vertreiben!'
Zuerst die Morddrohung an der Hauswand, dann Hetze im Internet und schließlich noch der Anschlag gegen sein Haus. Jörg ist Zielscheibe von Neonazis in einem kleinen brandenburgischen Ort, weil er rechten Umtrieben nicht tatenlos zusieht. Seit acht Monaten begleitet ihn ein ZDF-Team und er dreht selbst mit einer kleinen Kamera und dokumentiert beispielsweise Anschläge auf sich und seine Familie. Jörg lebt mit seiner Lebensgefährtin in einem Einfamilienhaus am Rande der Gemeinde. Seit es 2009 zu mehreren 'Naziaufmärschen' in seinem Heimatort kam, arbeiten Jörg und seine Partnerin gegen die Rechtsradikalen. Er ist überzeugt davon, dass der gewaltlose und stetige Protest gegen die Neonazis sich auszahlt. 'Das Wichtigste ist die inhaltliche Arbeit, die Aufklärung', sagt er. 'Wenn sich in den Köpfen nichts verändert, nützen die größten Demonstrationen nichts'. Manchmal kommt er mit der Gleichgültigkeit einiger seiner Mitbürger nicht zurecht. Die Gewalt gegen ihn zehrt an den Nerven. Aber das Schöne ist, er erfährt Solidarität von Nachbarn, von Freunden, auch von Menschen, die ihn gar nicht kennen. Das ist aber nur die eine Seite. Die Andere: Seit dem nächtlichen Anschlag auf sein Haus geht er jeden Abend vor dem Schlafen vor die Tür, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist. Seine Lebensgefährtin zieht seit dem die Vorhänge zu, wenn sie alleine im Haus ist. Einmal haben die Nazis das Haus nachts überfallen. Seitdem schließt sie dreimal ab. 'Natürlich verändert so etwas unser Leben'. Sie weiß, wie nahe die Gewalttäter kommen können, und lebt jeden Tag mit der Sorge, was die Rechten als nächstes planen. Aufgeben und wegziehen ist nicht die Alternative für das Paar. 'Wir lassen uns nicht vertreiben', sagt Jörg trotzig. Aber es stellt sich eine größere Nachdenklichkeit ein. Zum Beispiel die Frage, ob es sich lohnt, im Zweifel sein Leben aufs Spiel zu setzen. Ob sie sich mehr um Aufklärung unter Jugendlichen kümmern sollten, um der Verführung junger Leute etwas entgegen zu setzen.