24 Stunden Bahnhofsviertel - Hipster, Junkies und Grüne Soße

24 Stunden Bahnhofsviertel - Hipster, Junkies und Grüne Soße

Das Bahnhofsviertel in Frankfurt: Partyszene, Geschäftsmeile, Multikultiviertel - Visitenkarte der Stadt. Kaum ein anderer Stadtteil polarisiert mehr als dieser. Hipster treffen auf Junkies, Szenebars treiben die Mieten nach oben. Der "Hessenreporter" ist 24 Stunden mitten im Geschehen. Was ist das Faszinierende am Bahnhofsviertel, und was bedeutet der rasante Wandel für Anwohner, Besucher und Lokalbetreiber? Für Juri ist der Drogennotdienst ein Rettungsanker - für Hostelbetreiber Peter Weißbach geschäftsschädigend. Das Hostel befindet sich in unmittelbarer Nähe des Druckraums. Während die Gäste beim Frühstück sitzen, laufen vor dem Fenster Drogenabhängige zum Konsumraum, wo sie sich unter hygienischen Bedingungen einen Schuss setzen, ein paar Stunden schlafen oder ihre tägliche Dosis Methadon bekommen. "Drogenabhängige gehören auch in dieses Viertel", so Wolfgang Barth, der Leiter der Einrichtung. "Wir werden mit ihnen auch in Zukunft leben." Der Betreiber des Hostels jedoch könnte auf den Anblick der Suchtkranken verzichten. Das sichtbare Elend im Viertel konzentriert sich vor seiner Haustür. Die Kaiserstraße dagegen ist angesagt. Um die Mittagszeit herrscht Hochbetrieb am Grüne-Soße-Stand der Marktfrau Gisela Paul. Jeden Dienstag und Donnerstag verkauft das Frankfurter Urgestein hier Linsensuppe und original Grüne Soße. Seit 20 Jahren steht sie auf diesem Markt und hat die Veränderungen hautnah miterlebt. Früher haben viele Frankfurter einen Bogen um das Bahnhofsviertel gemacht. Heute essen Geschäftsleute, Touristen, Studenten und Künstler an ihrem Stand - so wie die Modedesignerin Ricarda Haase. Die 22-Jährige hat ein günstiges Atelier in der Elbestraße gemietet. Sie erlebt den Stadtteil im Aufschwung: Denn das Viertel wird schicker, moderner, kreativer. Was früher verrucht war, ist heute in. "Das inspiriert mich", sagt die Designerin. Es seien die Kontraste, die das Viertel so spannend machten. Besonders deutlich werden diese Kontraste gegen Abend. Partygäste strömen in das Viertel. In den vergangenen Jahren haben sich hippe Bars und edle Gastronomen im sozialen Brennpunkt angesiedelt. Junge Leute trinken ihr Feierabendbier im Kult-Kiosk Yok Yok oder genießen teure Speisen des Restaurants Stanley Diamond. Während die einen den Abend in den angesagtesten Lokalen der Stadt verbringen, tanzt die Stripperin Kate im Stripclub Pure Platinum lasziv an der Stange. "Ich liebe das Verruchte des Rotlichtviertels", sagt sie. Was früher gemieden wurde, ist heute cool, zieht junge Menschen, aber auch Neugierige aus den mittleren Schichten an. Andere aber wehren sich gegen die Romantisierung des Bahnhofsviertels und legen den Finger auf die sozialen Probleme - Verdrängung und steigende Mieten zum Beispiel.

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