Vorbericht: Türkei gegen Kroatien

Vorbericht: Türkei gegen Kroatien

10.06.2016 - 15:47 Uhr

In der Gruppe D kommt es am 12. Juni 2016 um 15 Uhr im Parc des Princes in Paris zu einer Begegnung zwischen Kroatien und der Türkei.

Kroatien ist eine Mannschaft, die man immer irgendwo so am Rande wahrnimmt, aber nicht wirklich ernst nimmt. Zu sehr muss man sich um die eigentlichen Favoriten kümmern: Italien, Spanien, Frankreich, Belgien vielleicht. Und das ist gefährlich, denn die Kroaten sind mit ihrem Kader nicht minder auf Championsleague-Niveau als wir es sind.

Ivan Rakitić, der Messi, Neymar und Suarez bei Barcelona die Bälle zuspielt.

Luka Modric, ohne den das Mittelfeld von Real nur halb so spritzig und innovativ wäre, der die Defensive dominiert und das Umschaltspiel einleitet (Gemeinsam mit Kovacic bilden die 3 drei ein Mittelfeld mit einem Marktwert von 120 Millionen Euro)

Ivan Perisic, der auf der Linksaußen bei Inter Mailand wütet. Und nicht zuletzt Mario Mandzukic, der Kopfballbrecher, der nach Bayern und Atlético nun für den Dauermeister der Serie A Juventus Turin stürmt und bei dessen Angriffen wir immer froh sind, nicht im Tor stehen zu müssen. Auch in der Bilanz ist Kroatien stärker, als so manch einer denkt: Seit ihrer Unabhängigkeit im Jahre 1991 und der Staatsgründung konnten sie sich für 5 von 6 internationalen Turnieren qualifizieren - Ebenso wie Frankreich, Niederlande und England.

Und dennoch werden die Kroaten mit dieser Begegnung an die Partie gegen die Türkei bei der EM2008 und ihr Ausscheiden erinnert. Die Rede ist von dem Viertelfinalspiel in Wien. 118 Minuten fällt kein Tor. Ivan Klasnic köpft die Kroaten kurz vor Ende zum 1:0. Doch die Freude ist zu groß, die Kroaten verlieren die Konzentration, die Türkei kann in den letzten verbleibenden Sekunden den Ausgleich schießen. Nach der Verlängerung erfolgt das Elfmeterschießen: 3 von 4 kroatischen Schützen versagen. Ein dunkler Moment in der kroatischen Fußballgeschichte.

Die Türken hingegen haben aus diesem Spiel ihre Kraft gezogen. Mit Trainer und Volksheld Fatih Terim, der vor Selbstbewusstsein strotzt und dem Motto “Die Türkei gibt niemals auf, das ist unsere DNA”.

Und auch ansonsten zeigen sich die Türken von spielerisch hoher Qualität. Viel Laufbereitschaft, kreative Ideen der Spielgestaltung, überraschend in ihrem Angriffspiel. Mit Arda Turan von Barcelona, dem klaren Kopf, dem erfahrenen Führungsspieler, hat die Mannschaft einen mehr als würdigen Kapitän.

Für Freistoßangelegenheiten ist Hakan Calhanoglu zuständig, gefährlich wie kaum ein Anderer. Emre Mor, das in den Medien gehandlete 18-jährige “Wunderkind”, der “türkische Messi”, derzeit beim BVB unter Vertrag, ist dribbelstark und in der Offensive vielseitig einsetzbar. Er soll das türkische Mittelfeld aufmischen und zieht mit seinen jungen Jahren den Altersdurchschnitt der Mannschaft deutlich nach unten: Der liegt momentan bei unter 25 Jahren. Es ist eine junge, neu definierte Mannschaft, in der Einheit und Teamgeist herrscht. Vergessen sind Differenzen zwischen Spielern, die bei unterschiedlichen nationalen Vereinen spielten. Es hat sich ein Wir-Gefühl, ein Gemeinschaftssinn entwickelt, der nicht nur das Spiel der Türken stärkt, sondern auch deren Selbstbewusstsein. In Anbetracht der derzeitigen politischen Situation ist wohl die Aussage Terim’s von der EM2008 anlässlich eines Länderspiels in Armenien aktueller denn je: "Ich glaube, dass wir mit der Magie des Sports Millionen für eine verständnisvollere und friedlichere Welt gewinnen können. Lasst uns keine Zeit mit alten Gegensätzen, Ängsten und bedeutungslosen Diskussionen verlieren."