Der Spielbericht: Deutschland - Polen (0:0)

Der Spielbericht: Deutschland - Polen (0:0)

Satz mit X

17.06.2016 - 13:07 Uhr

Es hätte der Abend sein können, an dem die deutsche Nationalmannschaft das Ticket für das Achtelfinale löst. Wenn aber am Ende des Spiels mit Jerome Boateng ein Abwehrspieler zum Spieler des Spiels gekührt wird, sagt das eigentlich schon fast alles über das deutsche Offensivspiel aus.

Immerhin, der Schwachpunkt von Jogis Eleven hat sich verschoben. Mit Mats Hummels stand die Innenverteidigung wieder einigermaßen sicher und auch die Vorderleute wirkten besser sortiert.

Dafür war im Spiel nach vorne nicht viel drin. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass wir hier das erste 0:0 des Turniers gesehen haben. Zu oft rannten Draxler, Müller und Co. in eine polnische Wand, die sie nicht überwinden konnten. Und so bleibt es bei der guten alten Regel, dass das zweite Gruppenspiel der Nationalmannschaft das schlechteste im Turnier ist - hoffentlich!

Das sehenswerteste am ganzen Abend waren die Duelle von Jerome Boateng mit Robert Lewandowski, der Dank gelungener Nachbarschaftswache *hust keine Torgefahr entwickeln konnte. Auch Toni Kroos muss man bei der Defensivarbeit ein Lob aussprechen, immer wieder setzte er bei Ballverlusten nach und eroberte das Leder, bevor die Polen Angriffe einleiten konnten. In der Vorwärtsbewegung konnte aber auch er gegen einen 8-9 Mann starken Abwehrriegel keine Akzente setzen. Deutschland probierte viel, aber zu oft blieb man hängen oder entwickelte keine nachhaltige Torgefahr.

Hinterfragt werden sollte der Einsatz von Götze, der vom Stürmertyp her eher bei Kontersituationen und schnellen Varianten gefragt ist und mit 1,78 Meter auch keine übermäßige Kopfballgefahr entwickeln kann. Warum hier gegen den polnischen Beton nicht eher ein körperbetonter klassischer Stürmer wie Gomez eingesetzt wird, weiß auch nur Jogi Löw. So schadet er Götze mehr, als es ihm und der Mannschaft nützt zu spielen.

Die erste Halbzeit war hart umkämpft ohne das eines der Teams einen wirklich gefährlichen finalen Stoß setzen konnte. Die Ballstatistik sprach mit 70:30 ebenso wie die Passquote von 85% für Deutschland, bei den Zweikampfwerten lagen jedoch die Polen mit 60:40 vorne, was aufs Spiel übersetzt ein klassisches 0:0 bedeutete.

Nach dem Pausenpfiff wurde es direkt gefährlich. Grosicki flankte vom rechten Strafraumeck ein, Boateng verschätzt sich beim Kopfball und plötzlich steht da Milik völlig frei vorm deutschen Tor. Aber auch der ist zu überrascht, als der Ball den Weg zu ihm findet und so segelt er am Ball vorbei. Im Gegenzug bekommt Götze nach Steilpass von Kroos im Strafraum erstmals freie Schussbahn. Sein Versuch mit rechts war aber zu ungenau.

Nach mehreren halbherzigen Versuchen der deutschen Nationalmannschaft ein Tor zu erzielen, standen sich dann - bezeichnend für das Spiel - die Polen in der 70.Minute auch mal selbst im Weg: Nach einem schnellen Konter und der Verlagerung auf die entblößte rechts Abwehrseite der Deutschen spielten sie den Ball durch Grosicki gut ins Zentrum zurück. Am Elfmeterpunkt aber rutschte Milik weg und lässt so in optimaler Schussposition den möglichen Abschluss aus.

15 Minuten vor Schluss wurde dann tatsächlich Gomez eingewechselt, er kam für Draxler. Zuvor war schon Götze ausgewechselt worden, für ihn kam Schürrle ins Spiel.

Torgefahr konnten aber beide im Verlauf nicht mehr entwickeln. Einzig Özil kam in der 69. Minute zu einer nennenswerten Szene, als er nach klugem Pass aus dem Mittelfeld frei am 16er stand und abzog, Fabianski das Leder aber noch über die Latte lenken konnte.

Satz mit X, war wohl nichts. Bundestrainer Löw nahm das 0:0 relativ gelassen hin, in der deutschen Presselandschaft sieht es dagegen etwas anders aus. Wir sparen uns an dieser Stelle das Bashing einzelner Spieler und hoffen auf die korrekten Rückschlüsse aus dem Spiel und ein entsprechendes Signal der Mannschaft am Dienstag gegen Nordirland.